Assira's "Schandtaten" :)

Aus dem Grundstück kann sie nicht raus. Hab alles nach unten dicht gemacht, und klettern tut sie nicht. Das Tor bzw. die Zäune sind alle mind. 2m hoch.
Selbst im Ortsgebiet geht Assira ganz brav an der 2m Leine, ich geb' ihr aber auch die Zeit zum "Zeitunglesen". Taucht irgendwo eine Katze auf, kann's brenzlig werden; sie hat bei solchen Spaziergängen nur ein Halsband und kein Geschirr an, und das kann sie natürlich blitzschnell ausziehen. Sie ist ja eine Houdini
ABER: falls ihr das im Ortsgebiet gelingt, ist sie halbwegs abrufbar. Ich hab da zwar auch Schnappatmung, dauert aber nur wenige Minuten.

Wenn sie Lust auf Kontrollgang hat, prescht sie irgendwann plötzlich und unvermutet in die Leine. Meist kann ich sie gut halten, weil ich die Leine einmal ums Handgelenk gewickelt hab, und so lange das Material hält, geht das. Gibt aber die Hand oder Schulter nach, oder die Leine reisst, ist das Malheur fertig.
Wird sie von einem vorwitzigen Hasen oder Reh animiert, so ist diese Jagd nach m.E. fast nur ein Vorwand für sie, denn wenn sie das Wild nicht erwischt, kommt sie nicht zurück, sondern beginnt mit der intensiven Revierkontrolle.

In fremdem Gelände ist ihr Verhalten dann wieder anders. Hier ein Beispiel:
Während der Sommermonate ist der Neusiedlersee für Hunde gesperrt. Im Winter darf man in Podersdorf am Nord-Nordstrand (wo sonst die Kyter sind) mit den Hunden spazieren gehen. Wir machen das 2 bis maximal 3mal pro Saison. Dann ist es für Assira relativ neu, und sie darf dort etwa eine Stunde ohne Leine laufen. Es sind unglaublich schöne Spaziergänge, die ich sehr geniesse. Sie benimmt sich dann wie "jeder andere Hund", der alles anschaut und beschnüffelt und auch immer wieder nach "seinem" Menschen schaut. Nach einer gewissen Zeit - die Spanne wird von Mal zu Mal kürzer - merke ich, dass sie sich weniger um uns kümmert. Ihr Gangwerk verändert sich ebenso wie Kopfhaltung und Ohrenstellung. Ihr Blick schweift dann mehr in die Ferne. Dann ist es Zeit, sie an die Leine zu nehmen ....

Mir ist gerade eingefallen, dass ich euch noch eine Erzählung "schulde", und das möchte ich nun gerne nachholen.

Abendspaziergang war angesagt, und ich war mit den Mädels auf dem Weg. Auch die Bauern waren mit ihren Traktoren unterwegs. Bevor ich Richtung Felder abbiegen konnte, kam uns wieder solch ein Monstergefährt entgegen. Ich weiche dann immer aus und lass die "Grazien" am Strassenrand absitzen, damit keine Aufregung aufkommt. Wir haben ja nicht überall Gehsteige, und wo sich das zugetragen hat, gibt's eine kleine Böschung nach unten zu einem Gemüsegarten..
Völlig entspannt blieben wir also am Strassenrand, und eigentlich wollte ich noch gerne einen Schritt zurücktreten, um meine Mädels zu beschützen, denn ganz geheuer sind ihnen die lauten Motorgeräusche nicht, wenn sie so knapp sind. Irgendwie bin ich allerdings gestolpert, konnte mich nicht mehr fangen und bin mit dem Kopf voran die Böschung runtergefallen. Das wirkliche Problem war, dass ich dabei die Leinen losgelassen hab .....

Ich hatte mich recht schnell hochgerappelt und überprüft, dass noch alle Gliedmassen beweglich sind. Die Tölen waren jedoch erstmal weg. Sie waren schnurstracks zu der kleinen Baumgruppe gelaufen, wo "unsere" Rehe ihren Platz haben
Ich gewährte ihnen einige Minuten, dann begann ich zu pfeifen. Wenig später kamen die beiden auch schon in meine Richtung galoppiert, und den Bruchteil einer Sekunde war ich mega stolz auf beide.

Ich weiss, ihr ahnt, wie es weitergeht:
Während Ashanti fröhlich direkt zu mir kam, sauste Assira (die neugewonnene Freiheit geniessend) knapp an mir vorbei, überquerte diese kleine Strasse und flugs - war sie auch schon in "ihrem" Revier. Natürlich riskierte ich nochmals einen Pfiff und einen Rückruf, doch das hat sie wohl nicht mehr gehört.

Ich begann also mit Ashanti einen längeren Spaziergang, stets in der Hoffnung, Assira würde uns beobachten und sich uns ggf. irgendwo da draussen wieder anschliessen. Doch weit gefehlt, ich bekam sie nicht mehr zu Gesicht. SO gegen 22:30 - es war dunkel geworden, und ich konnte nix mehr sehen, machte ich mich auf den Heimweg. Ich war stinksauer und schwor mir insgheim, ich würde die Ausreisserin nun endlich einmal sich selber überlassen. Sollte sie doch sehen, wie das ist ..... daheim angekommen waren all diese bösen Gedanken verschwunden und machten der Sorge Platz. Also sass ich da und heulte wie ein Schlosshund, wohl wissend, dass ich eigentlich nichts mehr tun konnte. Es war ja stockdunkel draussen.

Weil ich nicht einfach da sitzen konnte, ohne was zu tun, setzte ich mich ins Auto und kreiste auf den Feldwegen. Ich fuhr mit Fernlicht in Schlangenlinien in der Hoffnung, sie irgendwo im Feld, zwischen den Weinstöcken oder anderswo zu finden (wo ich versuchte, hineinzuleuchten). Mein Gemütszustand war wie ein Schiff im Sturm, schwankend zwischen Ärger und Sorge. Die Bauern waren auch schon alle daheim, draussen war es dunkel, man hörte lediglich die Wasserwerfer der Bewässerungsanlagen; die laufen oftmals über Nacht.

Knapp nach Mitternacht musste ich einsehen, dass das alles keinen Sinn macht, und ich aufgeben muss. Wie aber sollte ich die Zeit bis zum Morgen überbrücken? Wer kann schon schlafen gehen, wenn der Hund nicht daheim ist? Ashanti machte mich auch ganz nervös, sie fand keine Ruhe denn auch für sie war die Situation neu ....

Ich beschloss nun, das Eingangstürl einen Spalt weit aufzumachen und so zu fixieren, dass der Wind es nicht zuschlagen konnte. Im Vorgarten hab ich alle Lichter aufgedreht, es war hell wie in der Oper. Dann legte ich mich ins Bett und versuchte mich mit Fernsehen abzulenken. Das Schlafzimmerfenster geht in den Vorgarten, das ist ohnehin immer sperrangelweit auf. Ich habe meine Tränen in den Polster geweint, und bin so wohl doch aus Erschöpfung eingeschlafen.

Ich wurde plötzlich geweckt, als Ashanti ein Heulkonzert anstimmte. Standepede stand ich am Fenster, doch auf mein Rufen war keine Assira zu sehen. Natürlich ging ich auch hoffnungsvoll nach draussen, es blieb aber enttäuschend. Nun sass ich da, trank einen Kaffe nach dem anderen und wollte auf die Dämmerung warten.

Plötzlich - es war halb vier in der Früh - hörte ich ein jämmerliches, verzweifeltes Bellen im Vorgarten. Ich war bltzschnell draussen, konnte meine Assira jedoch nicht gleich sehen. Erst als Ashnti rauspreschte fand ich sie mitten in meinem Salbei Busch ..... Assira war fix und fertig, sie musste sich in der nassen Ackererde gewälzt oder vielleicht auch ausgeruht und gekühlt haben. Das war aber alles egal - sie war jetzt da. Ich versorgte sie mit Wasser und es war, als wollte sie gar nicht mehr aufhören zu trinken. Sie war auch hungrig, hatte sie doch ihr Nachtmahl ausgelassen ...

Ich war so glücklich und kaputt gleichzeitig, dass ich nun einfach schlafen ging. Assira trabte mit mir mit und genoss offensichtlich ihr Bettchen und liess sogar zu, dass Ashanti sich zu ihr kuschelte.
Aufgewacht sind wir alle erst am späten Morgen, und auch da kümmerte ich mich erst um die Reinigung von Hund und Haus. Das dauerte dann eh länger

Das war ein Erlebnis, wie ich es ein zweites Mal nicht mehr brauche. Dennoch muss ich sagen, dass mir meine Assira ein wenig verändert vorkommt. Vielleicht bilde ich mir das nur ein (oder der Wunsch ist Gedanke), aber sie achtet seither mehr auf mich ...

Das ist jetzt ein bisserl lang geworden, war aber auch eine lange Nacht. Ich hoffe, ihr seid beim Lesen nicht überfordert.
(und ich hoffe weiterhin, dass ich sowas nie wieder erzählen muss)

Da hast Du ja etwas ausstehen müssen, liebe Sylvia! Ich kann mir haargenau vorstellen, wie Du Dich gefühlt hast und freue mich natürlich mit Dir,
daß alles glimpflich ausgegangen ist. Du hättest Dir ernsthaft etwas tun können bei Deinem Sturz. Und vielleicht würde Assira wirklich lernen, etwas mehr bei Dir zu bleiben, wenn sie solch unangenehme Erfahrungen öfter machen dürfte - aber leider geht das wohl nicht.

Es soll nicht wieder passieren, hoffe ich jetzt mit Dir!

Fine

Du hast recht fine, vielleicht bin ich wirklich zu nachsichtig mit ihr ...
Es ist nun schon einige Wochen her, seit sie die Nacht draussen verbrachte, ohne dass sie von mir eingesammelt wurde. Ob sie wusste, dass es mir nicht möglich war im Dunkeln ?

Egal, sie ist seither verändert. Ich bin unlängst wieder gestürzt und musste gut 2 Wochen Gips tragen, das war für Assira nicht einfach. Sie war sehr unglücklich, als ich so da lag auf dem Asphalt und ich konnte sie auch schwer beruhigen, als ich dann schon wieder auf den Beinen war, Ging eigentlich flugs. Später mochte das weisse Ding an meinem Arm nicht ....

Wir waren deswegen jetzt länger nicht spazieren, gehen erst seit ein paar Tagen wieder raus. Ich meine, ihr "Sturm und Drang" ist gebremst .... auf einen Versuch möchte ich es aber nicht ankommen lassen; so weit trau ich ihr dann doch nicht

Liebe Sylvia,

_so_ hatte ich es aber nicht gemeint! Aber - ich hoffe, Du bist wieder wohlauf nach dem erneuten Sturz. Was hast Du gemacht?

Ich finde, Du machst das alles ganz hervorragend und nachahmenswert und ich würde mich nicht erdreisten, Dir Ratschläge zu erteilen. Ich meinte lediglich, daß es uns mit unseren experimentierfreudigen Hunden leider nicht möglich ist, sie selbst die Folgen ihres Handelns spüren zu lassen, weil wir sie aus Angst vorher einsammeln müssen.

Müßten wir das nicht, wären vielleicht viele Probleme viel schneller gelöst.

Fine