Der Neue - was ist am wichtigsten?

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29 Sep 2018 22:47 #3272 von Karin
Karin antwortete auf das Thema: Der Neue - was ist am wichtigsten?
Aufgrund Fines Sucherlebnisse habe ich mal in den hiesigen Tierheimen nachgelesen. Leider findet man in jedem Tierheim Kangal oder deren Mischlinge.

An die Kangal-Liebhaber, sind diese Hunde wirklich so schwierig zu halten oder sind sie nur in Mode?

Karin

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30 Sep 2018 10:10 #3273 von Elvira
Elvira antwortete auf das Thema: Der Neue - was ist am wichtigsten?
Hallo Karin,
Eine echt schwierige Frage ... Wir haben jetzt seit 16 Jahren Kangals. Und im Laufe der Jahre hat sich m.M.n. diese Rasse zu so einer Art Modehund entwickelt - während das Hunde-Wesen annähernd gleich geblieben ist. Eigentlich ist der Kangal zuerst einmal ein HSH mit all den sich daraus ableitenden Eigenschaften und Haltung- bzw. Haltervoraussetzungen.
Im Besonderen kommt beim Kangal sein Körperbau dazu ... nicht ohne Grund gilt er als einer der „Riesen“ unter den HSH. Sein Mut, seine Eigenständigkeit, seine extreme Sensibilität und der Drang nach Einbindung in sein Rudel mit passenden Aufgaben waren schon vor vielen Jahren die Themen, die Dir als Kangal-Besitzer mit auf den Weg gegeben wurden ... zumindest von verantwortungsvollen „Züchtern“.
Und ich glaube, dass genau da auch der Hase im Pfeffer liegt. „... für Senioren geeignet, kinderlieb, verträglich, verschmust“ - das sind die Begriffe, mit denen abzugebende Kangals nur allzu gerne beschrieben werden ...
Ich kann die Faszination, die von diesen Hunden ausgeht , nur allzugut verstehen - sind wir ihr doch auch mit Haut und Haaren verfallen. Leider setzt das Weiterdenken aber dann bei vielen aus. Und kommt der Riese dann in die Pubertät, staunt der ein oder andere nicht schlecht, was da noch in seinem Schlumpf so schlummert. Da wurde er nicht drauf vorbereitet ... oder wollte das nicht hören. Frei nach dem Motto: „Ja, ja - wir hatten früher auch schon große Hunde. Das wäre doch gelacht.“.
Leid tut mir das sehr für diese wundervollen Geschöpfe, denn ein Kangal im TH geht kurz über lang kläglich ein ... sein Herz will sich binden an sein Rudel, seine Familie ... und das dann nur, weil ein selbsternannter Super-Hundehalter anfangs nicht genau hinhören wollte ...
Liebe Grüße

Elvira mit Bono
und Jackson, Elvis & Otis im Herzen

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30 Sep 2018 20:38 #3275 von fine
fine antwortete auf das Thema: Der Neue - was ist am wichtigsten?
Wenn denn schon die Kangal-Fachfrau dabei ist:-)

Wie Karin schon sagte, gibt es Kangals wie Sand am Meer und nur wenig HSHs anderer Rassen. Was da aber unter "Kangal" alles angeboten wird, sieht sehr verschieden aus. Ein Jungrüde - der mit den unmöglichen Vermittlungsbedingungen - entspricht am ehesten dem Hund, den Du beschreibst. Gertenschlank, riesig mit bestimmt 80 cm Schulterhöhe, und 45 kg als Zweijähriger. Natürlich auch nur lieb und unproblematisch, völlig klar. Ein wunderschöner Hund, der bestimmt bindungswillig und sensibel war. Vor 20 Jahren hätte ich es versucht - jetzt nicht mehr.

Dann gibt es aber noch die wesentlich kleineren, stabilen molossoiden Typen - firmieren auch unter Kangal. Und natürlich auch so Mischexemplare wie der, den ich näher angesehen habe. Der hat anscheinend mit anderthalb schon einen Hüftschaden; er läuft nicht sauber, wie ich gestern gesehen habe.

Sind das jetzt alles Kangale? Und sind die, die offenbar an Menschen wenig Interesse zeigen, bereits verdorben durch schlechte Erfahrungen? Irgendwie ganz geheuer ist mir das alles nicht. Wie gesagt, außer dem (unmöglichen) Zweijährigen.

Fine

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01 Okt 2018 09:42 #3276 von Elvira
Elvira antwortete auf das Thema: Der Neue - was ist am wichtigsten?
Hallo Fine,
Fachfrau? Das ist viel zu viel der Ehre ;-)) Ich kann nur auf einige Jahre "Mit-Kangals-leben" zurückgreifen.

Zu Deinen Fragen würde ich Folgendes sagen - nur aus meiner Sicht natürlich:
1. Hier in Deutschland nennen wir alle Anatolischen Hirtenhunde Kangal. Ursprünglich waren nur Anatolen Kangals, die von Hunden der Familie Kangal aus Sivas abstammten. Der Kangal hat eine lange Tradition in der Türkei (ist sogar der türkische Nationalhund mit z.B. eigener Briefmarke) … in dieser Historie haben die Tiere rein optisch und vom Körperbau her unterschiedliche Merkmale ausgebildet – je nachdem, wo und wie sie gearbeitet haben. Da gibt es die großen gertenschlanken Tiere, die eher im "Steppenumfeld" Anatoliens zuhause sind (Läufer) - aber auch die kräftigeren Molosser, deren Aufgabe eher im Umfeld der tiefergelegenen Höfe zu finden ist. Man vermutet sogar, dass sich im Laufe der Jahrhunderte andere Rassen "eingekreuzt" haben … Einige türkische Spezialisten sprechen u.a. von Windhundblut etc., was z.B. den Körperbau unseres Otis ganz gut beschreibt (finde ich jedenfalls). Im Rassestandard findet sich demnach auch eine große Spannweite z.B. bei Gewicht und Größe.

2. Leider steht im Rassestandard auch immer noch, dass der Kangal keine nennenswerten Krankheiten hat und demnach "pflegeleicht und robust" sei. Das gilt m.M.n. aber schon lange nicht mehr für die Tiere hier. Wie alle groß- und schnellwachsenden Hunde hier, zeigt der Kangal eine hohe Disposition für Knachen- und Gelenkserkrankungen z.B. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass wir hier kaum füttern wie z.B. in der Türkei. Allerdings zeugt ein "unsauberer" Gang nicht zwangsläufig von einem Hüftschaden. Wenn man Videos von Kangals in ihrem Ursprungsland anschaut, fällt einem oft aus, dass es eine Menge Hunde gibt, die z.B. einen leicht gewölbten Rücken mit sehr tiefem Schwanzansatz haben. Otis z.B. ist so einer. Laut TA ist aber alles bestens in Ordnung (auch wenn wir wegen seines jungen Alters noch kein MRT o.ä. haben machen lassen). Manchmal haben so hochbeinige Tiere ein "Problem" mit dem langsamen Gehen … sie versuchen quasi ihre langen Gliedmaße an eine kürzere Schrittlänge anzupassen und fallen dann gerne auch mal in den Passgang. Wenn Otis rennt, ist alles völlig normal – lange, raumgreifende Schritte bzw. Sprünge ;-))

3. Ein erwachsener Kangal ist eigentlich immer erstmal misstrauisch fremden Menschen gegenüber. Wenn der Hund "nur" erstmal desinteressiert ist, ist das sogar ein sehr gutes Zeichen. Ich würde daraus nicht schließen, dass dieser Kangal "verdorben" durch schlechte Erfahrungen ist. Ich weiß ja nicht, wie die Zusammentreffen mit den Kangal-Kandidaten in den THs bei Dir abliefen … solltest Du nochmal ein Treffen haben, haben hier ein kleiner Tipp:
Gehe nicht direkt auf den Hund zu, sondern lass Dich in einiger Entfernung nieder und drehe ihm den Rücken zu … die meisten Kangals kommen nach kurzer Zeit und nehmen Kontakt auf. Okay - das klingt jetzt sehr romantisch - Voraussetzung ist natürlich, dass die TH-Mitarbeiter das Tier bereits so gut einschätzen können, um zu sagen, ob es hier Probleme geben könnte. Wenn ja? Dann "Finger weg" ;-)) Dann hat der Hund vermutlich ein Aggressionsproblem.

Dass unsere Jungs immer so menscheninteressiert waren und sind, liegt hier sicherlich daran, dass wir sie von Anfang hatten. Und sie das Leben bei uns (inklusive netten fremden Menschen usw.) sofort kennengelernt haben. Bei einem erwachsenen Tier weißt Du natürlich nicht, was es erlebt hat und wie es groß geworden ist. Da braucht es dann Geduld, um dem Tier diese Freuden näher zu bringen. Ich persönlich aber kennen keinen Kangal (vorausgesetzt er ist "sauber im Kopf", wie unsere türkischen Freunde immer sagen), der über kurz oder etwas länger einer intensiven Bindung zu seinen Menschen inklusive Schmuse- und Streicheleinheiten abgeneigt ist ;-)
Kangals sind loyal und treu – leider manchmal auch noch eine ganze Zeit gegenüber ihrem ersten "Rudel" …

Oh je – ist das jetzt lang geworden … sorry.
Mir fällt es immer schwer, mich beim Thema Kangal zurückzuhalten …
Liebe Grüße

Elvira mit Bono
und Jackson, Elvis & Otis im Herzen

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01 Okt 2018 17:26 #3280 von fine
fine antwortete auf das Thema: Der Neue - was ist am wichtigsten?
Liebe Elvira,

ich danke Dir sehr für Deine ausführliche Beschreibung und ich finde es keineswegs zu lang; im Gegenteil habe ich mich über die fundierte Information gefreut.

Interessant fand ich Deine Bemerkung zum Problem des langsamen Gehens - tatsächlich sah es so aus, als müßten die langen Hinterbeine beim überbauten Körper irgendwie eingefaltet werden. Ich hoffe sehr, daß sich Otis als kerngesund herausstellt - für Laien ist es zunächst ungewohnt.

Wegen der Kontaktaufnahme - natürlich gehe ich nicht frontal auf ein Tier zu:-) Bisher habe ich mich immer vorsichtig ans Gitter gestellt und gelockt, ggfs. sogar leicht weggewandt in der Hocke. Der Tierheimstreß ist natürlich nicht außer Acht zu lassen, vielleicht ist es die einzige Möglichkeit zu überleben. Nur die Vermittlungschancen wachsen damit nicht:-;

Morgen darf ich ein Scheidungsopfer kennenlernen - angeblich Kangal-Mix. Ich nehme eher an, Mastin-Espagnol-Mix. Letztlich spielt es keine Rolle. Hündin, schon älter, mit ein paar Baustellen, aber auch einer Palette sehr wünschenswerter Eigenschaften. Ich werde berichten.

Fine

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01 Okt 2018 18:26 #3281 von Ilse
Ilse antwortete auf das Thema: Der Neue - was ist am wichtigsten?
Hallo fine, ich denke auch, egal welcher Rasse der HSH angehört, ein neutrales Desinteresse ist eher ein gutes Zeichen für die erste Begegnung.


Denk mal zurück, Uli hat ja viel darüber geschrieben wie er seine Hunde kennengelernt und ausgewählt hat. Ein Ausschlusskriterium war, wenn die Hunde sich ihm gegenüber beim Kennenlernen aggressiv zeigten.
Trotzdem hatte er mit dem Einen oder Anderen später noch manches Tänzchen zu bestehen. Da bewahrheitete sich seine These mit der Zahnbürste, den Koffern usw.

Das ist auch ein wichtiger Grund, warum man bei der Auswahl eines erwachsenen HSH sehr bedacht vorgehen sollte.
Nicht jeder hat soviel Kaltblütigkeit wie Uli, und du darfst nicht vergessen, dass du, wenn der Hund erstmal bei dir ist, allein auf dich gestellt bist.


Meine Bedenken in so einem Fall sind immer, was ist wenn der Hund was tun soll, was er absolut nicht möchte und dass dann ganz deutlich zeigt.?
Bin ich dann in der Lage mental und evtl. auch körperlich (siehe Stuhl gegen angreifenden Hund in der Küche) gegenzuhalten.

Wieder einmal bedaure ich es so sehr, dass wir nicht mehr auf Ulis Rat zurückgreifen können.

Für morgen wünsche ich dir viel Erfolg, aber lass dich bitte nicht von deinem mitleidigem Herz zu einer Entscheidung drängen.

L.G.
Ilse mit Komondorchen Lumi und Kuvasz Vacak im Herzen

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